Samstag, 24. November 2012

Dem Menschen ins Stammbuch geschrieben

Langsam aber sicher kann ich diese Sorte Texte nicht mehr lesen. Früher schrieb man auf diesem Niveau ins Stammbuch der Großmütter. Heute fühlt sich jeder verpflichtet, das in sozialen Netzwerken zu posten und jede Menge andere Mitläufer "liken" es unreflektiert. Selten so viel Müll gelesen, als in diesen "pseudo-intelligenten Sprüchlein" dubioser Herkunft.
Darum erlaube ich mir mal sie hier in Stücke zu reißen.

"Jeder sieht mein Lachen, doch keiner sieht wie ich in mir kämpfe."
Was soll der Unsinn? Wenn ich lache, dann mit ganzem Herzen und aus dem Tiefsten meiner Seele, denn das befreit ungemein. Ist man ein dauergrinsendes Geschöpf, das fürchterlich innerlich kämpfend durch das Leben geht? Das zumindest legt die Werbung nahe. Alles grinst, selbst beim Zähneputzen.  Diese Vorstellung allein ist ein befreites Lachen wert. Wer schon mal versucht hat gezwungen zu lächeln, weiß, wie weh das tun kann.

"Jeder hört, was ich sage, doch keiner weiß, was ich denke."
Damit die Gesellschaft funktioniert, benötigt man einen gewissen "Lügen-Kodex", denn sonst würden wir uns gegenseitig fast umbringen. Will ich wirklich wissen, was jeder genau über mich denkt? Oder wollen andere immer wissen, was ich gerade denke? An alle Wahrheitsfanatiker: euer Leben muss unheimlich schwer sein! Ich bin der Meinung, dass nur die Wahrheit zu sagen, eher einsam macht, als die nette Konventionslüge.
Und wenn ich gehört werden will, sage ich es auch deutlich. Wenn nicht, Schweigen ist öfter Gold als man denkt.

"Jeder meint mich zu kennen, doch keiner kennt mich wirklich."
OMG!
Wenn ich möchte, dass Menschen mich kennen, dann handle ich dementsprechend. Nicht jeder Mensch kann gut mit jedem. Diese Grenze sollte man akzeptieren. Es ist immer eine Frage der eigenen Entscheidung ob man Menschen nur an der Oberfläche kennen lernt, dementsprechend viele flüchtige Freunde hat oder ob man tiefer gehen möchte, denn das braucht Zeit.

"Jeder liest, was ich schreibe, doch keiner sieht meine Tränen."
Na bravo! Das Leben ist nie nur eitel Sonnenschein. Tränen sind eigentlich Stärke, keine Schwäche. Schwach ist nur derjenige, der nicht damit umgehen kann. Wenn man weinend schreibt, sollte es bitte in einem privaten Tagebuch passieren und nicht theatralisch in sozialen Netzwerken.


Wer möchte, dass andere ihn kennen lernen, ihn verstehen und akzeptieren, soll gefälligst seine "Zähne auseinander kriegen" und reden.